Dr. Georg Nüßlein zu Besuch am Ringeisen-Gymnasium

Ein Bundestagsabgeordneter hautnah

Am Freitag, dem 9.12.2016, war Dr. Georg Nüßlein zu Gast am Ringeisen-Gymnasium der St. Josefskongregation. Nüßlein, der seit 2002 durch das Direktmandat des Wahlkreises Günzburg/Neu-Ulm dem Bundestag angehört und seit 2014 stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist, eröffnete den Zwölftklässlern unseres Gymnasiums einen interessanten und kurzweiligen Einblick in tagespolitisch aktuelle Fragen bezüglich der Europäischen Union.

Zunächst stellte der Unionspolitiker in einem Vortrag Europas Bedeutung in der Welt dar, wobei er vor allem die Bedeutung der EU als Wirtschaftskraft betonte. Sodann widmete er sich der Frage, was Europa für Bedeutungshorizonte eröffne. Nüßlein, der nach eigenen Worten kein „Hurra-Europäer“ sei, würdigte die EU als historisches Friedensprojekt und wandte sich darauf folgend problematischen Sachverhalten bzw. Entwicklungen zu.

Seiner Meinung nach sei die Grenze der europäischen Integrationsfähigkeit erreicht, nicht zuletzt deshalb, da die EU bei zurückliegenden Erweiterungsrunden den Fokus zu stark auf politische anstatt auf ökonomische Aspekte gelegt habe, was zu massiven ökonomischen Ungleichgewichten in der EU geführt habe. Auch der Vertrag von Lissabon verstärke diesen Sachverhalt weiter, anstatt ihn zu lösen. In diesem Zusammenhang erläuterte Dr. Nüßlein auch seine Haltung zum Brexit-Referendum. Dieses böte eine Chance für einen grundlegenden Neuanfang der EU. Für einen solchen seien Reformen, die Kompetenzen klar regeln und die demokratische Rückkopplung von Entscheidungsprozessen innerhalb der EU verstärken, notwendig.

Nach diesen grundlegenden Informationen beendete Nüßlein seinen Vortrag und leitete mit dem Skizzieren von aktuellen Herausforderungen für die EU (Ukraine-Krise, Verhältnis EU-Russland, Euro- bzw. Finanzkrise sowie Migrationsproblem) zu einer allgemeinen Aussprache über. Die sich bietende Möglichkeit, über im Fokus politisch interessierter Schülerinnen und Schüler liegende Probleme hautnah mit einem politischen Entscheidungsträger des Bundestages sprechen zu können, nahmen dieselben motiviert, interessiert und engagiert wahr. Auf die Frage nach möglichen Reformen des EU-Institutionen-Gefüges legte Nüßlein seine Auffassung dar, dass ein Mehr an Demokratie in der EU beispielsweise durch die Stärkung des Subsidiaritätsgedankens möglich sei. So sollte die EU, seiner Meinung nach, lediglich für eine Grundorientierung in wettbewerblich relevanten Bereichen sorgen, anstatt zu viel regulieren zu wollen. Diesbezüglich äußerte sich der Redner auch hinsichtlich einer Entwicklung hin zu einem europäischen Bundesstaat skeptisch – wahrscheinlich sei unter den heutigen Vorzeichen eher das Konzept eines Staatenbundes. Eine weitere kritische Rückfrage von Schülerseite bezog sich auf die Nullzinspolitik der EZB. Hierauf erläuterte Nüßlein, dass er den Ansatz dieser Politik – z.B. hinsichtlich der Lage Italiens – für richtig halte, doch eine verstärkte Rückbesinnung auf die Idee des Stabilitäts- und Wachstumspaktes notwendig sei.

Die wohl brennendste aktuelle Herausforderung – die Flüchtlingskrise des Jahres 2015 – wurde ebenfalls nicht ausgespart. Hierbei musste der Referent aufgrund von kritischen Schülerfragen bezüglich einer Bewertung der Entscheidung Merkels aus dem vergangenen Sommer, tausenden von Flüchtlingen die Einreise nach Deutschland zu erlauben, einen Balanceakt zwischen seiner Meinung und der Fraktionsdisziplin meistern.

Nach einer kurzweiligen Stunde ging ein aufschlussreiches und interessantes Gespräch zu Ende, das den Schülern die Möglichkeit eröffnete, einen waschechten Politiker hautnah zu erleben, der ihren Fragen Rede und Antwort stand und so dazu beitrug, die Verbindung zwischen Repräsentierten und Repräsentanten im Sinne eines lebendigen, dialoghaften Austausches positiv zu gestalten.

Sebastian Eberle

Das Bild zeigt (von links) Schulleiter Georg Gerhardt, Bundestagsabgeordneten Dr. Georg Nüßlein und die Sozialkunde-Lehrkräfte Lucia Mehr, Barbara Gadau und Sebastian Eberle

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