Robotik: Deutschlandfinale der WRO

Sieg auf Regionalebene und Teilnahme am Deutschland-Finale in Freiburg

 

Schon länger sind wir bei der WRO dabei. Wir, das sind technikbegeisterte und leistungsbereite Schülerinnen und Schüler aus meinem Robotik-Wahlkurs für Fortgeschrittene. 

Die WRO, das ist die „World Robot Olympiad“, ein weltweiter Wettbewerb, bei dem von kleinen Teams verschiedener Altersklassen mit maximal drei Mitgliedern selbst entworfene, gebaute und programmierte Roboter auf standardisierten Spielfeldern komplexe Aufgaben autonom zu erledigen haben. Die Aufgaben sind vorab allgemein bekannt, monatelang kann deren Bewältigung auf dem heimischen Spielfeld trainiert werden. Beim Wettkampf muss der entworfene Roboter allerdings neu aus Einzelteilen zusammengebaut werden. Dadurch reagiert er auf das vorbereitete Steuerungsprogramm manchmal nicht so wie gewohnt. Zudem sind Spielfeldränder und Lichtverhältnisse beim Wettbewerb in der Regel anders als beim Training daheim. Nach jeweils festgelegten Zeiten für Bau, Umbau und Anpassung der Programmierung an die Wettkampfbedingungen kommt es zu den entscheidenden, zwei Minuten langen Wertungsrunden. Dabei ist das Team komplett auf sich allein gestellt, Hilfe von außen oder gar vom Coach ist in diesen Phasen nicht erlaubt.

Als Neulinge in diesem Format stiegen wir vor einigen Jahren ein, erlebten tolle Regionalwettbewerbe z.B. in Buchloe und Schwäbisch Gmünd, lernten von erfahrenen Teams, feierten kleinere und größere Erfolge und konnten uns in diesem Wettbewerbsformat weiter stetig entwickeln. Mit dem Voranschreiten des an unserem Gymnasium relativ neuen naturwissenschaftlich-technologischen Zweigs in höhere Jahrgangsstufen zieht Informatik mehr und mehr in den Unterrichtsalltag ein, was sich auch für unsere Gruppe fachlich wertvoll zeigte. So entstand dieses Schuljahr eine aus Erfahrenen und Neueinsteigern neu zusammengesetzte Gruppe, in der sich sehr schnell eine inspirierende und produktive Dynamik entwickelte. Für den Regionalwettbewerb am 6. Mai in Schongau teilte sich die Gruppe wie in den Jahren zuvor in zwei sehr gut vorbereitete Teams RGU1 und RGU2 auf, von denen RGU2 das in den Vorjahren immer wieder angestrebte und oft knapp verpasste Ziel nun erstmals erreichte: einen Sieg auf Regionalebene, verbunden mit der Einladung zum deutschlandweiten Finale, das dieses Jahr in Freiburg stattfand!

Die Freude über den Erfolg der ganzen Gruppe federte die Enttäuschung im anderen Team ab. Unglücklich liegen gelassene Wertungspunkte kosteten RGU1 den vom Können her leicht möglichen zweiten oder sogar ersten Platz.

So wurde gemeinsam zum Finale am 16. und 17. Juni fleißig und intensiv weiter trainiert und verbessert. Mit einer großen Reisetasche voller Lego und einer Strategie, die bei optimalem Verlauf den maximal möglichen 120 Punkten sehr nahe kommt, brachen wir am 15. Juni abends schließlich mit dem Zug zum Finale nach Freiburg auf: Elena Specht (8b), Leon Martin (9d) und David Stehno (9d) von RGU2 als teilnehmendes Team, Michael Kastner (9d) und Fabian Kleber (9d) von RGU1 als Fans, Unterstützer und Berater und ich als Coach.

Dort erlebten wir eine grandiose Veranstaltung mit insgesamt über 120 Teams aus ganz Deutschland. Und gleich am ersten Wettkampftag, nach viel externem Lob, ganz kurz vor dem ersten Wertungslauf einen herben Rückschlag: Nach zum Teil hervorragenden, sehr viel versprechenden Probeläufen des Roboters blieb dieser nach einer minimalen Programmanpassung immer wieder während der sogenannten Scan-Phase stehen. In den zu wenigen verbleibenden Minuten bis zur Wertung konnte das Team leider weder die Ursache dafür im Programm lokalisieren und beheben, noch zu einer guten Vorgängerversion zurückkehren. Ein bisher nie aufgetretenes Problem zum denkbar unpassendsten Zeitpunkt. Es war klar, dass die noch zu rettenden 36 Punkte des ersten Laufs nur ein mittelmäßiges Ergebnis waren. Die Hoffnung, der durch die beeindruckenden Probeläufe generierten Favoritenrolle gerecht zu werden, musste nun in den zweiten Lauf gelegt werden. Da an jedem Tag von jeweils zwei Läufen nur der Bessere zählt, war noch alles möglich. Die 85 Punkte der aktuell Führenden hatte unser Roboter in vielen Tests auch schon überboten. Die Mittagspause musste herhalten, um die Ursache des Stehenbleibens zu finden. So tragisch sie in ihrer Auswirkung war, so lehrreich war sie aus Sicht der Programmierung sowie der Physik: Zwei parallellaufende, sich gegenseitig beeinflussende Prozesse waren mit unterschiedlichen Abbruch-Bedingungen ausgestattet: Einer zeitlich, der andere über eine zurückgelegte Strecke. Die zur Verbesserung der Scan-Phase gedachte, geringe Geschwindigkeitsänderung führte schließlich dazu, dass einer der Prozesse in einer nicht abbrechenden Warteschleife verharrte und den weiteren Fortgang verhinderte.

Gefunden und behoben, wurde für die zweite Runde das maximal Mögliche angepeilt, die enorme Spannung verdichtete sich hin auf 17:30 Uhr, den Start des zweiten Laufs. Dieser zeigte die gesamte, in diesem Format steckende Tragik. Schon im vorderen Viertel reduzierte ein erster, wohlbekannter und nie gänzlich behebbarer mechanischer Fehler die Erwartung, ohne sie gänzlich schwinden zu lassen. Dass wenige Sekunden später ein zweiter, eher seltener Fehler in der sensorischen Orientierung folgte, war dann ganz bitter. Falsche Fahrwege nehmend, nahm sich der Roboter quasi selbst Punkte wieder weg, die er zuvor erzielt hatte. Statt Verbesserung blieben nur die Punkte des ersten Laufs als Zwischenergebnis. Platz 21 von 41, die vorderen sechs Teams mit 60 bis 85 Punkten weit, aber auf den ersten Blick nicht unerreichbar entfernt.

Am zweiten Tag galt es, neu bekannt gegebene Aufgaben mit neuen Punkte-Bewertungen zu bewältigen. Die Roboter mussten umgebaut, Programme umgeschrieben und ergänzt werden. Gleich nach Bekanntgabe war uns aber nahezu klar: Bei maximal 100 erreichbaren Punkten und dem relativ niedrigen Schwierigkeitsgrad mancher Aufgaben war zu erwarten, dass der Abstand zu den führenden Teams nicht mehr ganz aufgeholt werden kann. Die Hoffnung auf das Treppchen und damit die Einladung zum Weltfinale in Panama oder die Qualifikation zu einem europäischen Einladungsturnier in Dänemark über Platz 4 musste wohl aufgegeben werden. Trotzdem waren alle guter Dinge und es gelangen zwei tolle 80-Punkte-Läufe, wobei der zweite nur knapp von der 100 entfernt endete. Sie sorgten für einen erfreulichen zweiten Wettkampftag, an dem nur mehr sechs andere Teams bessere Resultate erzielen konnten.

Am Ende lag RGU 2 auf dem 13. Platz, also noch im vorderen Drittel des Gesamtklassements. Für alle Beteiligten war es eine wertvolle, schöne und vor allem aufregende Erfahrung, dabei gewesen zu sein. Frau Renate Sick-Glaser von der Gisela-und-Erwin-Sick-Stiftung fasste die faszinierende Stimmung dieses Deutschland-Finales in ihrer Ansprache zur Siegerehrung mit rührenden Worte an die Teilnehmer und Teilnehmerinnen zusammen: „Ihr seid alle Sieger, Ihr seid die Zukunft, Ihr könnt sie gestalten. Wir brauchen Euch!“

Dass der Gruppe, ihrem unermüdlichen Einsatz und dem herausragenden Teamgeist der größte Dank gebührt, ist selbstverständlich. Ich freue mich auf kommende Jahre und viele weitere Wettbewerbe. Auf einem solch hohen Niveau, höchst engagierten und motivierten Jugendlichen eine Plattform zur Entfaltung ihrer außerordentlichen Potenziale geben zu können, ist auch für mich von ganz besonderer Bedeutung. Das macht Schule und Bildung erfüllend und enorm wertvoll.

Darüber hinaus bedanke ich mich ganz herzlich bei

  • Herrn Baiter für die Begleitung zum Regionalwettbewerb in Schongau
  • Herrn Merz, der gesamten Schulleitung und dem Träger für das Ermöglichen der Fahrt und die Übernahme der Kosten.

Text und Bilder: Dr. Bernd Reinhard