Gemeinsames Gedenken Ursberger Schulen an die Opfer des Nationalsozialismus am Denkmal im Klosterhof

Der Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar ist für Ursberg ein besonderer Tag. 379 Menschen mit Behinderung wurden während der NS-Zeit in sogenannte Tötungsanstalten deportiert und dort in Gaskammern qualvoll ermordet. Sie galten als „Ballastexistenzen“, die den „Gesunden“ unnötig Kosten aufbürdeten, ihr Leben wurde als unwert bezeichnet.

In diesem Jahr wurde der Gedenktag in Ursberg wieder gemeinsam mit den Dominikus-Schulen des Dominikus-Ringeisenwerks begangen. Den spirituellen Rahmen dieses Gedenktages übernahm die Klasse 9A. In der St. Josefskapelle legten sie die damaligen Opfer und Täter in die Hände Gottes. Anhand Erzählungen aus dem NS-Propaganda-Film „Ich klage an!“ zeigten sie auf, wie subtil Stimmung gegen kranke Menschen gemacht wurden – und warum die Erinnerungen auch heute ihren Platz haben müssen.

Nach der Andacht versammelten sich die Schülerinnen und Schüler im Ringeisensaal, wo die Leiterin des Bezirksarchivs, Petra Schweizer-Martinschek, einen Vortrag über die Verbrechen in den schwäbischen Heil- und Pflegeanstalten Kaufbeuren und Günzburg während der NS-Herrschaft hielt.

In nüchternen Worten und dadurch noch schwerer auszuhalten, beschrieb die Historikerin Einzelschicksale und die Vorgehensweise der Täter, die, nach dem Ende der Tötungskation T-4, noch perfider ans Werk gingen und die Pfleglinge – darunter auch Kinder – systematisch durch Überdosierung von Medikamenten wie Luminal langsam töteten. Der Anstaltsarzt in Kaufbeuren, Dr. Valentin Faltlhauser, ersann eine eigene Hungerkost, bei der die Menschen durch konsequenten Entzug von Nährstoffen allmählich ausgehungert wurden. Für die Täter praktisch, die Pfleglinge starben augenscheinlich an natürlichen Todesursachen, wie Lungenentzündungen oder anderen Infekten, denen ihr geschwächter Körper nicht mehr standhalten konnte. Die Kaltblütigkeit und Menschenverachtung, mit der die Täter vorgingen, ist kaum zu ertragen.

Umso wichtiger ist es, daran zu erinnern, wie auch die Schülerinnen und Schüler betonen, damit sich solche Ereignisse nicht wiederholen.

Mit einem Rollenspiel am neuen Euthanasie-Denkmal im Klostergarten erinnerten die Schülerinnen und Schüler der Dominikus-Schulen und des Ringeisen-Gymnasiums gemeinsam an die Geschehnisse in Ursberg.

Mit einer Schweigeminute und dem Vorlesen aller Namen der durch die Nationalsozialisten getöteten Opfer aus Ursberg wurde der Gedenktag im Klosterhof am alten Denkmal abgeschlossen. Emelie Barz und Maximilian Steiner verlasen alle 379 Namen, bevor die große Glocke der Pfarrkirche zu einer Schweigeminute einlud. Danach flog für je zehn Seelen ein weißer Luftballon gen Himmel, der für diesen Moment ein blaues Fenster öffnete. Mit einem Schlussgebet durch Pater Christian und dem Musikstück „Ich bete an die Macht der Liebe“ endete der Gedenktag. 

Bilder: Bayram Er/DRW