Faust Highspeed

Faust Highspeed – Mephistos Casting

Faust – von Johann Wolfgang von Goethe, 1829 uraufgeführt, tausendfach gespielt, mehrfach verfilmt und adaptiert, Pflichtlektüre in der Oberstufe. Als Schüler eines bayerischen Gymnasiums kommt man folglich an dem Drama nicht vorbei. Die immerwährende Aktualität der darin enthaltenen Themen wie Liebe, Verführung, Grenzerfahrungen und Magie verleitet Regisseure dazu, diesen Stoff immer wieder neu zu interpretieren und auch für Jugendliche zugänglich zu machen.

So nahm sich Gabriele Beier mit ihrem Ensemble vom Klexs-Theater dieser Herausforderung an und kreierte ein eigenständiges Kunstwerk, welches die Schülerinnen und Schüler der Oberstufe des Ringeisen-Gymnasiums der St. Josefskongregation durchweg begeisterte. Mit Live-Musik, kreativen Kostümen und charakterstarken Schauspielern verkürzt sie den Inhalt des Dramas stark und verschiebt den Fokus auf die Figuren selbst, indem sie zunächst ein Casting stattfinden lässt. Mephisto tritt dabei als erbarmungsloser Regisseur in Erscheinung und stellt sich in einem melodischen Solo selbst als jemand vor, dem „die Welt gehört“ und der mit allen Menschen darin Katz und Maus spielt – so auch mit den Schauspielern, die für die Rollen vorsprechen. Neben den altbekannten Akteuren wie Faust und Gretchen treten auch weniger geläufige Wesen in Erscheinung wie z. B. ein Zauberpferd oder der Drudenfuß, zu dem der offenbar aus der Schweiz stammende Darsteller kurzerhand degradiert wurde. Diese humoristischen Elemente verleihen dem Stück Leichtigkeit und dennoch Tiefgang, da die Parodie als solche auch verstanden werden muss, was ohne Kenntnis des Stückes kaum möglich erscheint. Neben witzigen Passagen, die immer wieder mit eingängiger Musik begleitet werden, gibt es aber auch berührende Momente, besonders wenn Gretchen sich vorstellt und mit ihrem Lied die Herzen berührt.

Durch das Casting werden somit alle wesentlichen – und eben auch unwesentlichen – Charaktere vorgestellt. Dass dies Zeit kostet, versteht sich von selbst. Somit muss das eigentliche Stück im Schnelldurchlauf gespielt werden – „Highspeed“ eben. Und wer hätte das gedacht: Es funktioniert. In nur 30 Minuten kann man sich den Inhalt des Dramas nochmals vergegenwärtigen, indem die wichtigsten Zitate und Handlungsstränge aneinandergereiht werden. Zugegeben, kennt man das Drama nicht, wird man dem Tempo kaum folgen können – für eine Auffrischung der Thematik ist es aber Gold wert. Dass das dem Zeitgeist der Jugendlichen entspricht, sieht man an der hohen Anzahl von Followern, die „Sommers Weltliteratur to go“ hat. Hier wird Faust schließlich in nur neun Minuten und damit sogar noch kürzer dargestellt. Ein wesentlicher Unterschied zu „Faust Highspeed“ besteht aber doch: Gabriele Beier erreicht mit ihrem Stück eben auch Tiefgang.

Besondere Anerkennung muss neben den starken Schauspielern auch dem Komponisten Fabian Klebig gelten, der die Lieder selbst komponiert und sich somit in die Herzen der Zuschauer gespielt hat. Ein herzliches Vergelt‘s Gott an: Raphaela Mire, Susanna Hasenbach, Miray Blässing, Matthias Guggenberger, Christine und Pius Schwegler, Fabian Klebig und Gabriele Beier für den unterhaltsamen und auch lehrreichen Nachmittag.

Christina Kollmann

Bild: Klexs-Theater