Erasmus+: Besuch auf La Palma

La Palma 2021: ein Tagebuch

Samstag, 06.11.2021

Am Morgen trafen sich Frau Greiner, Herr Jannetti und die zehn Mitglieder des Kunst- und Musikadditums sehr früh an der Bushaltestelle in Ursberg. Alle waren schon in großer Vorfreude und Erwartung auf La Palma, die Austauschschüler, die fremde Schule und natürlich den Vulkan, der momentan aktiv ist und jeden Tag Feuer speit. Das Abenteuer konnte beginnen. Mit dem Bus fuhren wir nach Stuttgart, wo wir dann am Flughafen versuchten einzuchecken, allerdings musste der Vorgang kurzzeitig durch die anscheinend sehr bombige Form eines Rucksackes unterbrochen werden. Danach durften wir alle das Flugzeug betreten und starteten bald Richtung Teneriffa, da La Palma zu dieser Zeit nicht direkt angeflogen werden konnte. Als der Pilot meldete, dass auf Teneriffa mit einer Temperatur von über 20°C zu rechnen sei, war die Freude groß, da wir ja bei herbstlichen Temperaturen in Stuttgart gestartet waren. Schon bald konnten wir die Aschewolke des Vulkans in der Cumbre Vieja vom Flugzeug aus sehen. Die kleine Verspätung, die der Flieger eigentlich hatte, konnte durch den Rückenwind ausgeglichen werden. Nach der pünktlichen Ankunft am Flughafen ging es rasant mit dem Taxi zur Fähre. Dort erfuhren wir auch, dass eine Austauschschülerin mit Verdacht auf Corona krank zu Hause lag und auf das Ergebnis ihres Tests wartete. Die Austauschorganisation reagierte sofort und sorgte für eine Ersatzschülerin, mit der ich mich über einen Übersetzer unterhalten musste, da wir beide der Sprache des anderen nicht mächtig waren. Nach kleinen Missverständnissen am Anfang war danach aber schnell ein Anschluss gefunden und die Kommunikation klappte prima. Auf der Fähre wurden einige von uns seekrank und mussten sich ihres Mittagessens entledigen. Als wir dann aufgeregt, aber auch ziemlich erschöpft nach 14-stündiger Anreise mit dem Schiff im Hafen von La Palma einfuhren, wurden wir herzlichst von den Austauschschülern und Austauschlehrern empfangen. Nach teilweise längerer Fahrt über die Insel kamen wir endlich alle in unseren Familien an und durften das Zuhause für die nächste Woche begutachten. Am eindrucksvollsten war für mich der Vulkan, den ich in dieser Nacht noch vom Schlafzimmerfenster aus Lava speien sah. Danach fiel auch ich nach langer und anstrengender Reise müde ins Bett.

Sonntag, 07.11.2021

Der nächste Tag war als Tag des Kennenlernens gedacht. Mehr oder weniger ausgeschlafen ging es am Sonntag mit den Familien über die Insel. Schon beim Frühstück durfte ich die ganze Familie meiner Austauschschülerin kennenlernen. Neben ihrer Mama mit Freund und ihrem Bruder mit Freundin lebte auch der Onkel mit seiner Familie (Frau und zwei Kinder) im Haus. Nach dem Frühstück ging es dann los, und wir fuhren gemeinsam über die Insel. Ich war beeindruckt von der reichen Vegetation, dem milden Klima und natürlich dem Ausblick auf das Meer. Gemeinsam kehrten wir dann noch in einem Restaurant ein, wo es delikate Tapas und für jeden ein Hauptgericht zu essen gab. Gegen Abend durfte ich dann auch noch die Oma meiner Austauschschülerin kennenlernen.

Alle Schüler und Lehrer erlebten an diesem Tag ihre eigenen kleinen Abenteuer und lernten so La Palma besser kennen. Ob auf kulinarischer oder kultureller Ebene, nach diesem Tag waren wir auf dem Eiland angekommen.

Montag, 08.11.2021

Am Montag war es dann endlich so weit, der erste Schultag begann. Da mein Anfahrtsweg zur Schule etwas länger war, musste ich ähnlich früh wie zu Hause aufstehen, um dann mit dem Bus zur „Escuela“ zu kommen. Von der ganzen Insel her fuhren die Schüler und ihre Austauschpartner mit dem Bus zum Unterricht. Manche waren mehr, andere weniger von den Ausflügen am Vortag erholt, aber alle freuten sich auf ihren ersten Tag an der Escuela de Arte Manolo Blanikh. Die Künstler unter uns machten sich auf, um ein Mural (das ist ein Wandgemälde) zum Thema „Equality“ anzufertigen. Dazu bemalte jeder eine Art Puzzlestück aus Holz, das mit den anderen zusammengesetzt einen Schmetterling, der aus dem Profil zweier Gesichter besteht, ergeben sollte. Die Gesichter schauen sich an und stellen die Flügel des Schmetterlings dar. Bei den Musikern wurde ein deutsches Volkslied mit einem typisch palmerischen gemischt. Dazu sangen wir das deutsche Lied „Es war einmal ein junger Soldat“ zuerst gemeinsam, dann wandelten wir den Refrain ab, sodass er sich deutlich mehr nach dem palmerischen Stil anhörte. Zu guter Letzt sangen und spielten wir ein palmerisches Lied: „Los Aires de Lima“. Die künstlerischen und musikalischen Ergebnisse konnten sich sehen und hören lassen. Danach bekamen die Musikanten den Auftrag, in Gruppen einen Soundtrack für einen kurzen Dokumentarfilm über den Vulkan zu komponieren. Dazu sollte jeweils ein Stück des Liedes, das Hoffnungslosigkeit und eines, das Hoffnung ausdrückt, improvisiert werden. Den Nachmittag verbrachten die Schüler in den Familien und mit den neu gewonnenen Freunden.

Dienstag, 09.11.2021

Am zweiten Unterrichtstag arbeiteten die Gruppen an den Projekten weiter. Ein neues Lied wurde geprobt, dieses Mal ohne die Sänger und in einem für uns sehr ungewohnten Tonsystem. Es handelte sich hierbei um einen Kanon, der sich Tanganillo nennt. Die Künstler setzten die Arbeit am Mural fort. Und durften an einem Workshop teilnehmen, bei dem sie über ein Glitzermaterial informiert wurden, das sie dort aus Fischschuppen, Maismehlstärke und natürlichen Pigmenten herstellen. In der Pause trafen sich alle zu einem gemeinsamen Essen. Wir bekamen Fruchtsäfte und süße, kleine Bananen von der Insel sowie keksartige Gebäckstücke in verschiedenen Geschmacksrichtungen, deren Verzehr manchen von uns Schwierigkeiten bereitete. Man musste den Keks zusammendrücken, da er sonst in den Händen zerbröselte. Nach der Pause probten die Musiker ihre Stücke noch einmal, bevor sie vom schulischen Filmteam aufgenommen wurden. Auch heute hatten alle am Nachmittag frei, um Zeit mit den Austauschpartnern zu verbringen. Am Abend trafen sich auch die Ursberger Schüler teilweise wieder beim Essen mit ihren Austauschschülern.

Annika Merkle, Q 12

Mittwoch, 10.11.2021

An diesem Tag stand der erste von insgesamt drei Ausflügen zusammen mit den spanischen Schülern an. Von der Schule wanderten wir am Morgen quer durch die Stadt Santa Cruz und anschließend einen Hügel hinauf zur Wallfahrtskirche Virgen de las Nieves. Begleitet wurden wir von einem Tourist-Guide, der uns sehr ausführlich über Besonderheiten der Stadt und die der Insel informierte. Besonders schwärmte er von der auf La Palma heimischen „palmerischen“ Palme, die doch um Welten schöner als die afrikanische sei. Der genaue Unterschied ist uns jedenfalls bis heute nicht vollständig klargeworden, die ganze Führung war nämlich auf Spanisch! Das Wichtigste aber bekamen wir dann trotzdem mit, da Frau Greiner fleißig übersetzte und vor allem zusammenfasste. Oben angekommen besichtigten wir nach einer kleinen Stärkung auf dem Kirchenvorplatz das angrenzende Museum. Wieder mit dabei war unser Guide, der uns diesmal über die Jungfrau vom Schnee, die Schutzpatronin der Insel, aufklärte. Danach liefen wir den Berg hinunter und verbrachten den Rest des Tages zusammen mit unseren Austauschschülern. Eine Gruppe beispielsweise ließ den Abend entspannt am Strand von Santa Cruz ausklingen.

Donnerstag, 11.11.2021

Am Donnerstag unternahmen wir von der Schule aus eine Bustour in den Norden der Insel. Erste Station war ein Aussichtspunkt in Puntallana, von dem man einen guten Blick auf die zahlreichen Bananenplantagen hatte, die sich überall auf der Insel befinden. Danach brachen wir mit dem Bus über teils extrem schmale Straßen zum Wasserfall von Los Tilos auf, den wir nach einer kurzen Wanderung bestaunen konnten. Hier herrschte im Gegensatz zu den sonst eher trockenen und angenehm warmen Temperaturen der Insel ein sehr feuchtes, fast schon tropisches Klima, wodurch uns der unglaubliche Facettenreichtum der Insel wieder einmal bewusstwurde. Die Mittagspause und den verbleibenden Nachmittag verbrachten wir an den Naturschwimmbecken Charco Azul in der Nähe des Örtchens San Andrés. Die meisten von uns nutzten die Gelegenheit, um in dem übersetzt „blauen Tümpel“ endlich einmal richtig baden zu gehen. Normalerweise war das wegen dem hohen Wellengang im Atlantik nämlich nur schwer möglich. Entspannt und abgekühlt wurden wir so vom Bus wieder an die Schule gefahren. Am Abend unternahmen wir verschiedene Aktivitäten mit unseren Austauschschülern. Eine Gruppe verbrachte den Abend in einem kleinen Restaurant auf der anderen Inselseite, die wir mit einem Linienbus billig und unkompliziert erreichen konnten. Auch wenn die Abfahrtszeiten auf La Palma meist nur eine Art Richtwert sind, haben die wir die wirklich gut ausgebauten Busverbindungen sehr positiv in Erinnerung!

Freitag, 12.11.2021

Unser letzter Ausflug, der wieder in den Norden der Insel gehen sollte, begann mit einer recht langen Busfahrt hinauf zum Observatorio del Roque de los Muchachos, einer Ansammlung von Teleskopen auf dem höchsten Berg La Palmas. Hier erhielten wir von zwei Experten einer Forschergruppe der Universität Dortmund eine Führung, diesmal auf Englisch. Uns wurde erklärt, dass das Teleskop dazu dient, Licht aus entfernten Galaxien zu sammeln, um aus diesen Daten Erkenntnisse über das Universum zu erhalten. Der Standort La Palma ist laut den Forschern ideal für diese Aufgabe, weil hier die Lichtverschmutzung vergleichsweise sehr gering ist und sich so besonders gute Aufnahmen machen lassen. Nachdem wir alle noch das größte Teleskop Europas näher betrachten durften, fuhren wir mit dem Bus eine kurze Strecke weiter bis zu einem Aussichtspunkt auf dem Roque de los Muchachos. Weil wir uns hier 2400 Meter über dem Meeresspiegel befanden, konnten wir die spektakuläre Aussicht auf die Wolken unter uns genießen. Danach aßen wir alle zusammen im Restaurant Briestas im Ort Garafía zu Mittag. Hier konnten wir noch einmal viele Spezialitäten probieren wie die typisch palmerischen Papas arrugadas con mojo verde & rojo, also kleine runzlige Kartoffeln mit grüner und roter Soße. Nach einer weiteren Busfahrt und einem kurzen Spaziergang besichtigten wir eine Mühle, in der geröstetes Getreide gemahlen und dadurch zu Gofio verarbeitet wird. So werden Körner und Getreide zu einer Art lang haltbaren Mehls, das auch heute noch sehr häufig auf den Kanarischen Inseln in der Küche verwendet wird. Schließlich fuhren wir mit dem Bus die gesamte Strecke wieder zurück und konnten aus dem Fenster heraus auch den Vulkan bestaunen. Der rot verfärbte Himmel sowie der leuchtende Lavastrom waren wirklich beeindruckend! Den letzten Abend verbrachten wir noch einmal alle zusammen in einem Restaurant am Hafen von Santa Cruz. Dann hieß es jedoch Abschied nehmen von all den Schülern, die uns am nächsten Tag nicht zum Schiff Richtung Teneriffa begleiten konnten.

Samstag, 13.11.2021

Der Samstag war leider schon der letzte Tag für uns auf der Insel. Die Gastfamilien brachten uns vormittags an den Hafen. Die meisten hatten ernsthafte Schwierigkeiten, ihren Koffer zuzubekommen, die palmerische Gastfreundschaf erwies sich wieder einmal als wirklich bewundernswert. Die meisten wurden großzügig mit allerlei Geschenken und vor allem Lebensmitteln eingedeckt. So ausgestattet bestiegen wir das Schiff in Richtung Teneriffa, nachdem wir uns von den spanischen Schülern verabschiedet hatten. Die Schifffahrt verlief glücklicherweise gut – es schwankte lange nicht so stark wie auf der Hinfahrt. Nachdem es auch alle irgendwie durch die Gewichtskontrolle am Flughafen geschafft hatten, ging es in circa vier Flugstunden zurück Richtung Heimat. Von den immer angenehm warmen palmerischen Temperaturen verwöhnt, wurden wir in Stuttgart erst einmal von unangenehmen 5°C empfangen! Ein Bus brachte uns dann schließlich zurück nach Ursberg, wo unsere Eltern uns schon erwarteten.

Insgesamt war die Reise wunderschön und wir möchten uns bei allen bedanken, die sie uns ermöglicht haben, allen voran natürlich bei den Lehrkräften, Frau Greiner und Herrn Jannetti, die uns begleiteten. Auch der Schule und insbesondere den Schülern auf La Palma möchten wir danken. Wir wurden total herzlich aufgenommen und fühlten uns die gesamte Zeit sehr wohl bei euch und auf der Insel. Und einen Vulkanausbruch erlebt man ja auch nicht alle Tage! Durch den intensiven Kontakt zu einheimischen Schülern konnten wir einen tiefen Einblick in die spanische beziehungsweise vor allem palmerische Lebensweise und Kultur gewinnen, auch wenn die Verständigung nicht immer einfach war. Wir freuen uns deshalb schon riesig, wenn die spanischen Schüler im Januar nach Deutschland kommen und wir ihnen hoffentlich unseren Schnee zeigen können!

Franziska Aumann, Q 12


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