„Mein Freund Harvey“ von Mary Chase – oder: von den Herausforderungen des Freilichttheaters

Mein Freund Harvey

Am Freitag, dem 07.07., Samstag, dem 08.07. und Sonntag, dem 09.07.2017, inszenierte der Q11-Kurs Theater und Film unter Leitung von Herrn Sebastian Eberle Mary Chases Komödie „Mein Freund Harvey“.

Nach viermonatiger intensiver Probearbeit wurde das unterhaltsame Bühnenwerk der Pulitzerpreisträgerin, welches eines der erfolgreichsten Broadway-Inszenierungen überhaupt ist, von den 18 Mitgliedern des Ensembles wechselweise im Freilichttheater und im Kellertheater des Ringeisen-Gymnasiums zur Aufführung gebracht. Jeden Abend wurden – mit bangem Blick gen Himmel – Wetter-Apps und Regenradare konsultiert, um zu entscheiden, ob eine Aufführung unter freiem Himmel möglich sein würde. Infolge des wechselhaften Wetters fanden so gesehen drei Premieren statt – am Freitag wagte die motivierte Gruppe einen Beginn unter freiem Himmel, musste jedoch aufgrund des einsetzenden Regens noch vor der Pause in das trockene, aber nach einem Blitzeinschlag in Ursberg, der einen Stromausfall zur Folge hatte, dunkle Kellertheater umziehen. Mit bemerkenswerter Souveränität, Flexibilität und Gelassenheit bescherten die Schauspielerinnen und Schauspieler dem Publikum im Halbdunkel der Notbeleuchtung eine erinnerungswürdige Darbietung.

Die zweite Aufführung, wiederum eine Premiere, da durchweg auf der Freilichtbühne gespielt werden konnte, bezauberte die Zuschauer nicht nur durch das Ambiente der Spielstätte, sondern auch aufgrund der schauspielerischen Leistungen. So mimte Julian Schropp absolut textsicher und sehr gefühlvoll den ebenso skurrilen wie liebenswürdigen Junggesellen Elwood P. Dowd, der seine Schwester Veta (überzeugend von Paula Linhart gespielt) und seine Nichte Myrtle (der Angelina Seefried in unterhaltsamer Weise den Charakter verlieh) mit seinem Freund Harvey zur Verzweiflung treibt – schließlich handelt es sich bei Harvey um einen imaginären zwei Meter zehneinhalb großen pinken Hasen, den nur Elwood sehen kann. Zu einer turbulenten Komödie wächst sich das Stück spätestens dann aus, als durch eine Fehldiagnose der Psychiater Dr. Chumley (Jonathan Pagel) und Dr. Sanderson (Titus Weber) nicht Elwood, sondern seine Schwester in die Psychiatrie eingewiesen wird. Die Verwechslung wird jedoch vom Klinikpersonal bemerkt, sodass sich die Doktoren mit Hilfe des Klinikangestellten Wilson (mit großem komödiantischem Potential von Lukas Scheifele verkörpert) auf die Suche nach Elwood begeben. Während dieser „Jagd“ zeigt sich auch, dass die Grenze dessen, wer „normal“ ist bzw. was als gesellschaftlich „normal“ angesehen wird verschwimmen kann, da „Harvey nicht nur Raum und Zeit, sondern auch jeglichen Einwand überwinden kann“ und Elwood nicht der einzige bleibt, dem Harvey erscheint.

Auch die Derniere stellte für das Publikum sowie die Schauspielerinnen und Schauspieler eine weitere Premiere dar, denn sie wurde aufgrund des einsetzenden Regens von Beginn an in den Gewölben des Kellertheaters gegeben. Für eine herausragende Gesamtleistung sorgte auch bei dieser Aufführung das hohe schauspielerische Niveau des gesamten Ensembles.

Alles in allem entstanden so völlig verschiedene, aber durchweg sehr sehenswerte Inszenierungen, die unter anderem durch das liebevoll gestaltete Bühnenbild sowie selbstgedrehte, das Geschehen auf der Bühne verdeutlichende Filmeinspielungen per Beamer zu einem stimmigen Gesamtkonzept wurden.

Der Applaus sowie die lobenden Worte der Zuschauer belohnten alle Beteiligten für die Mühen der intensiven Probenarbeit und die gemeisterten Herausforderungen eines jedes Abends.

Sebastian Eberle