Landestheater Schwaben: Michael Kohlhaas

Michael Kohlhaas:
Eine Theaterproduktion des Landestheaters Schwaben nach der Novelle von Heinrich von Kleist

Komm, lass uns etwas Gutes tun und dabei sterben!

Das Motto auf dem Programmheft klingt rätselhaft und zieht sich durch das Stück, das die drei männlichen Schauspieler auf der Bühne des Stadtsaals in Krumbach zur Aufführung brachten. Michael Kohlhaas, vom Verfasser Heinrich von Kleist schon im ersten Satz der Novelle als „rechtschaffen“ bezeichnet, ist wahrlich einer, der das Gute will – und das Gute ist hier die Gerechtigkeit. Als er jedoch selbst zum Opfer eines herrschaftlichen Willküraktes des Junkers Wenzel von Tronka wird und sein Anliegen vor Gericht und vor dem Landesherrn kein Gehör findet, wird Kohlhaas zum Rächer, ja zum „Terroristen“, denn auch Unschuldige leiden unter seinem rasenden Vergeltungsdrang, wenn er eine Stadt, in der sich der Junker verbergen soll, anzündet. Dass dabei auch der eigene Tod in Kauf genommen wird, entspricht der Logik des Fanatismus.

Die Novelle von Kleist erweist sich in ihrer Thematik einmal mehr als zeitlos: die Problematik der Gerechtigkeit wie die Mechanismen des fanatischen Vergeltungsstrebens. Schüler und Schülerinnen – hier die der 10., 11. und 12. Jahrgangsstufe des Ringeisen-Gymnasiums der St. Josefskongregation und des Simpert-Kraemer-Gymnasiums – dafür zu interessieren, erscheint nicht unmöglich zu sein, doch ist die Novellenform, auf der die Theaterproduktion beruht, zunächst keine einfache Kost, sprachlich komplex und inhaltlich nicht leicht nachvollziehbar. Zieht man dies in Betracht, so muss man die Leistung sowohl der Inszenierung als auch der Schauspieler würdigen. Denn es gelingt ihnen durchaus, das Geschehen auf seine wesentlichen Komponenten herunterzubrechen und damit die Problematik von Gerechtigkeit, Rache und Vergeltung zu verdeutlichen – nicht an allen Stellen gleich spannungsreich, manchmal unterhaltsam, zumeist gut verständlich. Dass die Schauspieler dabei in unterschiedliche Rollen schlüpfen, z. T. auch als Erzähler fungieren, ist eine schlüssige Lösung für die Umsetzung eines Erzähltextes in eine Bühnenfassung. Ob das ständige Herumwerfen von Rupfensäcken den Handlungsreichtum der Novelle nachahmt oder auf den blinden Aktionismus des Rächers Kohlhaas verweisen soll, bleibt ungeklärt und damit etwas rätselhaft.

Dass auch die Meinung des zweiten großen deutschen Schriftstellers auf der Bühne zu Gehör kommt, kann nur als passend angesehen werden. Franz Kafka bekannte, dass er die Novelle „mit wirklicher Gottesfurcht“ lese, er sähe sie sogar als etwas „Vollkommenes“ – wäre da nicht der Schluss. Irgendwie geht sie halt zu Ende, die Geschichte von Kohlhaas und der Gerechtigkeit, die am Ende zu siegen scheint – man kann es nur nicht so recht glauben!

Das Landestheater Schwaben bietet regelmäßig Schulvorstellungen mit anspruchsvollen Inszenierungen an. Die Schülerinnen und Schüler bezahlten einen günstigen Preis von 7,50 Euro pro Person. Das war nur deshalb möglich, weil die Stadt Krumbach den Stadtsaal kostenlos zur Verfügung stellte und sich der Landkreis Günzburg mit einem nicht unerheblichen Zuschuss an den Kosten beteiligte.

Irmtraud Haug

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Szenenfoto, von links: Jan Arne Looss, Klaus Philipp, Sandro Šutalo (Bild: Forster)