Robert Domes liest für die 9. Jahrgangsstufe

Sein Leben habe sich gewaltig verändert seit dem Erscheinen seiner Doku-Fiktion „Nebel im August“ vor zehn Jahren, meinte Robert Domes auf die Frage einer Schülerin. Nach der intensiven, vier Jahre dauernden Recherchearbeit zu Ernst Lossas Leben und der anstrengenden Niederschrift, für die Domes ein halbes Jahr gebraucht hatte, erschien das Buch im Jahr 2008; es wurde verfilmt und mehrfach auf deutschen Bühnen als Theaterstück inszeniert. Immer habe er seinen Tatsachenroman aus der Perspektive des Kindes Ernst Lossa geschrieben, also aus der des Opfers, und eben dieses Sich-Hineinfühlen habe ihn große Kraft gekostet, erzählte der Autor den Schülerinnen und Schülern der 9. Jahrgangsstufe des Ringeisen-Gymnasiums der St. Josefskongregation im Anschluss an seine Lesung, der die jugendlichen Zuhörer mit großer Aufmerksamkeit und Betroffenheit gefolgt waren.

Ernst Lossa stammte aus einer Familie der Jenischen, die als reisende Hausierer in Süddeutschland unterwegs war, wurde 1933 als Vierjähriger seiner Familie weggenommen und in einem Heim in Augsburg untergebracht. Dort hat er sich zu einem schwierigen Jungen entwickelt, bekam von einer Psychiaterin in einem Gutachten den Stempel „asozialer Psychopath“ und wurde von einem Heim ins nächste abgeschoben, bis er schließlich mit zwölf Jahren in die Heil- und Pflegeanstalt Kaufbeuren-Irsee kam, obwohl er weder behindert noch psychisch krank war. Dort wurde er 1944 mit zwei Morphiumspritzen ermordet. Damit gehört Ernst Lossa zu den 250 000 bis 350 000 Euthanasieopfern im Deutschen Reich. Nicht mitgezählt sind dabei Tausende von Patienten, die man in den Heimen verhungern ließ. Im Fall von Ernst Lossa war das Todesurteil, das über ihn gefällt wurde, wohl der Tatsache geschuldet, dass seine Eltern zu der Gruppe der Fahrenden gehört hatten. Für den Autor Domes zeigt sich in all diesen Fällen eine Umkehrung der Sichtweise: „Wer sind die Normalen und wer die Kranken?“

Der Berührungspunkt zu Ursberg liegt darin, dass es in den Einrichtungen des Dominikus-Ringeisen-Werks 379 Menschen gegeben hat, die ebenfalls Opfer des Euthanasieprogramms der Nationalsozialisten wurden. Einem der Opfer aus Irsee, Ernst Lossa, hat Robert Domes mit seinem Roman Gesicht und Stimme gegeben.

Hildegard Burtscher
Fachbetreuerin für Deutsch

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Von links: Fachbetreuerin für Deutsch Hildegard Burtscher, Autor Robert Domes, Schulleiter Georg Gerhardt