Wer ist verrückt und wer ist normal?
Taugt die Unterscheidung zwischen verrückten und normalen Menschen oder sind die Übergänge fließend? Sind die Zuordnungen sogar austauschbar? Wer bis jetzt von einer klaren Trennung überzeugt war, wurde von der Theatergruppe des Ringeisen-Gymnasiums der St. Josefskongregation eines besseren belehrt.
In der von den Schülerinnen und Schülern der Unter- und Mittelstufe unter der souveränen Leitung von Christina Kollmann und Barbara Schmid aufgeführten Kriminalkomödie „Mörderstund ist ungesund“ von Christine Steinwasser war schon der Ort der Handlung besonders: das zum psychiatrischen Sanatorium umgestaltete Schloss Putzstein mitsamt seinem Personal und den liebenswert schrägen Patienten, die sich alle für große Gestalten der Weltgeschichte halten. „Nero“, von Ben Langenmair authentisch als echter Römer verkörpert, träumt unentwegt davon, Rom abzubrennen, „Napoleon“, treffend mit französischem Akzent von Paul Nicke dargestellt, redet von sich selbst nur im Plural, „Attila“, gekonnt von David Greiner gemimt, versucht durch strammes Auftreten zu beeindrucken, schließlich „Lucrezia Borgia“ (Alejandra Knöpfle Romero) und „Agatha“ (Emily Debbage, Selina Erdle), von den Schauspielerinnen einfühlsam mit Leben erfüllt.
Dass man mit der Pflege solcher Patienten nicht viel Geld verdient, stört den Hausherren, Heinrich Freiherr von Putzstein, samt Lebensgefährtin, Dr. Franziska Kümmersbrück, ausdrucksstark charakterisiert durch René Mertens und Katrin Mühleisen, nicht wirklich. Zum Jahrestag mit seiner Lebensgefährtin reicht es da eben nur für eine Gartenbank vom Baumarkt. Doch die Noch-Ehefrau des Freiherrn, Ägidie Freifrau von Putzstein (in der Rolle temperamentvoll überzeugend: Victoria Eymer), will mehr, denn der Noch-Gatte zahlt zu wenig, wie sie meint. Daher will sie das Schloss mithilfe der Beraterin Dörte Hippenstett, von Ines Sirch eloquent verkörpert, völlig umstrukturieren. Im Grunde planen die Beiden einen sauberen Schnitt. Doch Hausherr, Personal und Patienten versuchen die Sanierung mit allen Mitteln zu verhindern. Um die Noch-Gattin und ihre Beraterin loszuwerden, engagiert Freiherr von Putzstein einen Auftragsmörder. Der nennt sich schlicht „der Gärtner“, arbeitet nur mit dem Messer, verspricht ebenfalls einen sauberen Schnitt und gibt sich dabei äußerst diskret (mit wunderbarer Coolness: Simon Frank). Fast zeitgleich beauftragt die Beraterin einen echten Gärtner (herrlich unbekümmert: Elisabeth Schnur). Wilde Verwechslungen sind somit programmiert. Immer mittendrin: Krankenschwester Agathe und Köchin Berta Wimsberger (temperamentvoll und wortgewaltig: Janine Kastner und Katharina Aumann). Als die ersten Toten zu beklagen sind, schießen die Verdächtigungen ins Kraut. Doch wer immer es war, die Leichen müssen in komplizierten Aktionen versteckt werden. Viel zu tun mit der Aufklärung haben da auch Kommissarin Klara Fall und ihre Assistentin Mechthild Witzig (überzeugend mit Wortwitz: Hannah Illgner und Franziska Aumann). Doch die Wahrheit kommt durch die Patienten ans Licht. „Lucrezia Borgia“ wollte – ganz ihrem berühmten Namen folgend – die Noch-Gattin und ihre Beraterin vergiften, wurde jedoch Opfer ihres eigenen Giftcocktails, der auch der unbeteiligten Köchin zum Verhängnis wurde. Und so wird der Auftragskiller, der nicht zum Zuge kam und deshalb seinen Job an den Nagel hängen will, als neuer Koch eingestellt. Mit dem Messer kann er ja schließlich umgehen.
Die jungen Schauspielerinnen und Schauspieler füllten die teilweise recht verschrobenen Figuren wunderbar mit Leben. Pointen, die sich aus den zahlreichen Momenten der Situationskomik ergaben, wurden zielsicher herausgearbeitet. Und auch hinter der Bühne waren fleißige Helfer unterwegs: Lisa Fischer, Jessica Mehr, Thea Müller, Denisa Raducca, Marie Spengler und Enya Waasen, Lucas Theil. Das Publikum bedankte sich mit großem Applaus für den gelungenen Theaterabend.
Christian Pagel