„Icebreaker“-Theaterprojekt am Ringeisen-Gymnasium thematisiert Depressionen

Anna will am liebsten in ihrem Zimmer bleiben, niemanden sehen und schon gar nicht feiern gehen. Dabei ist sie gerade 16 geworden. Die Oma hat ihr sogar eine Flasche Sekt geschenkt. Endlich legal Alkohol trinken. Doch die Party, die ihre Freundinnen und Freunde zum Geburtstag organisiert haben, lässt sie kalt. „Scheiß Alkohol, scheiß Party, scheiß Kapitalismus, scheiß Leben!“, schreit sie ihnen entgegen. Für viele Schülerinnen und Schüler, die das Theaterstück „Icebreaker“ im Ringeisensaal des Ursberger Ringeisen-Gymnasiums verfolgen, sind solche Gedanken und Gefühle ganz real.  

Jugendliche haben es nicht leicht. Von Klimakrise bis Konsumkritik, zwischen Social Media und Schule werden jeden Tag Anforderungen an sie gestellt, denen sie in irgendeiner Form gerecht werden sollen. Dazwischen sollen sie ihren eigenen Charakter ausbilden und sich in der Welt zurechtfinden, flankiert von Lehrern, Eltern und Geschwistern, die einen nerven und alles besser wissen. Manchmal ist die ganze Welt gegen einen. Aber ist das, was Anna und Robert, die Protagonisten des „Icebreaker“-Theaterprojekts, darstellen, nur ein entwicklungsbedingter Durchhänger, ein Blues, wie ihn jeder einmal erlebt, oder handelt es sich hier um eine Depression?

Dieser Frage geht das Theaterprojekt nach, das neun Schülerinnen und Schüler für die 9. und 10. Klassen unter der Leitung des Nürnberger Theaterpädagogen Jean-François Drożak und den Lehrerinnen Lucia Mehr und Lisa Miller aufgeführt haben. Es geht in erster Linie darum, aufmerksam zu machen, auf eine Krankheit, die viele Jugendliche und auch Erwachsene betrifft.

Die Zahl der Jugendlichen, die unter einer Depression leiden, hat sich in den vergangenen Jahrzehnten deutlich erhöht. Drożak zufolge leiden im Schnitt in jeder Klasse zwei Schülerinnen oder Schüler darunter.  Das liegt nicht zuletzt daran, dass die Sensibilität für diese Krankheit erhöht ist, sich ein Bewusstsein dafür ausgebildet hat, dass es eben manchmal nicht ausreicht, sich „zusammen zu reißen“.

Sicher trägt auch die Komplexität unserer heutigen Lebenswelt mit ihren vielfältigen Vergleichsmöglichkeiten in den sozialen Medien dazu bei, an den Anforderungen der Zeit zu verzweifeln, wie Moritz Ebner, Schulberater der AOK Direktion Günzburg, die das Theaterprojekt fördert, betont.

Daneben gibt es auch eine Vielzahl an organischen und erblich bedingten Ursachen, die sich unter gewissen Umständen und äußeren Einflüssen zu einer Depression entwickeln können.

„Was unsere Schülerinnen und Schüler in nur vier Tagen einstudiert haben ist wirklich bemerkenswert. Ein großes Lob an dieser Stelle. Das Theaterstück soll zeigen, wie wir offen über psychische Erkrankungen sprechen und Berührungsängste abbauen können. Wir freuen uns, dass wir unsere Mittelstufe durch das Theater für das Thema weiter sensibilisieren konnten“, so Schulleiter Andreas Merz.

Die Schülerinnen und Schüler erkennen durch das Stück, dass sich psychische Erkrankungen oft schleichend und zunächst unbemerkt entwickeln. Sie lernen Verdachtsmomente einer beginnenden oder vorhandenen Depression zu erkennen und diese anzusprechen, auch wenn es keinen Katalog gibt, nach dem man Symptome eindeutig und klar erkennen und die Krankheit diagnostizieren kann. Vor allem aber lernen sie, dass Depression bei entsprechender Behandlung eine heilbare Krankheit ist. Der Unterschied besteht nur darin, „dass man ein gebrochenes Bein anfassen kann, eine gebrochene Seele nicht“, wie Drożak abschließend erklärt.