Dominikus Ringeisen war mitunter ein starrsinniger, mehr auf Gott vertrauender als rationaler Planer, doch mit dem Kauf eines kleinen Wasserkraftwerks bewies er Weitsicht und Pioniergeist. Bereits 1897 verfügte Ringeisens Gründung so über eigenen Strom. Im Lauf der vergangenen 127 Jahre hat sich die Energieversorgung des Ringeisenwerks immer weiterentwickelt und ließ sich stets auf neue Wege ein. Wurden in den 1960er und 70er Jahren noch zehntausende Liter Öl täglich verbrannt, um die Einrichtung mit Wärme zu versorgen, so ist das Ursberger Heizkraftwerk inzwischen auf dem neuesten Stand der Technik, wie der Betriebsleiter Andreas Schuler betont. Theoretisch wäre es sogar in der Lage, mit grünem Wasserstoff Strom und Fernwärme zu erzeugen.
An diesen Pioniergeist knüpft das Ringeisen-Gymnasium an, wenn es sich zum Ziel setzt, das Prädikat „Klimaschule“ zu erwerben. Mit der Auftaktveranstaltung am Mittwoch, bei der neben DRW-Vorstandsvorsitzendem Martin Riß und dessen Stellvertreter, Michael Winter, dem Verwaltungsdirektor des Caritasverbands Bayern, Wilfried Mück, auch Landrat Hans Reichhardt (CSU) und Landtagsabgeordneter Max Deisenhofer (Grüne) sowie die Bürgermeister von Ursberg, Peter Walburger (CSU), und Thannhausen, Alois Held (CSU), zugegen waren, wurde der erste Schritt dafür unternommen. Die Generaloberin der St. Josefskongregation, Schwester Katharina Wildenauer, bekräftigte die Unterstützung des Trägers für das Projekt, da nach dem franziskanischen Gedanken die Bewahrung der Schöpfung, aber auch des Menschen wichtig sei.
Die Auszeichnung wird für besonderes Engagement verliehen, den CO²-Fußabdruck der Schule zu verringern. Der CO²-Fußabdruck ist so etwas wie die tägliche Bilanz des CO²-Ausstoßes. In einer Schule mit rund 900 Schülerinnen und Schülern sowie Lehrerinnen und Lehrern, von denen der größte Teil jeden Tag mit dem Bus oder Auto nach Ursberg gelangt, kommt da eine nicht unerhebliche Menge zusammen.
Strom, Heizung, aber auch die Arbeit mit digitalen Geräten und das Mittagessen in der Mensa oder die Brotzeit in der Pause tragen ihren Teil zum ganz individuellen CO²-Fußabdruck des Gymnasiums bei. Wie hoch er konkret ist, wird in einem nächsten Schritt errechnet. Dabei geht es nicht darum, eine Bewertung der schuleigenen Klimabilanz vorzunehmen, sondern lediglich den Ist-Stand zu erfassen und davon ausgehend Maßnahmen zu ergreifen, die den CO²-Ausstoß der Schule reduzieren.
Ansätze gibt es da viele. Erste Wege hat das Ringeisen-Gymnasium dabei bereits beschritten. So soll etwa eine Bestell-App für die Mensa dabei helfen, den konkreten Bedarf an Gerichten besser planen zu können, sodass unterm Strich weniger Lebensmittel in der Tonne landen. Auch die korrekte Trennung von Müll trägt jetzt schon dazu bei, den Ausstoß von CO² zu vermeiden. Welche Möglichkeiten noch infrage kommen, gilt es noch zu erörtern. Das hängt nicht zuletzt von den je eigenen Rahmenbedingungen der jeweiligen Schule ab. Viele Ideen kommen bereits vonseiten der Schülerinnen und Schüler, wie etwa die Einrichtung einer Kleiderbörse oder Mehrwegbecher am Getränkeautomaten anzubieten.
Einen besonderen Anreiz bot die Schulleitung mit einer Wette. Sollte es den Schülern gelingen, binnen einer Woche 2222 Fair-Trade-Siegel von Produkten, die sie selbst gekauft, oder von Produkten, die die Schülerinnen und Schüler zu Hause konsumiert haben, in der Schule zu sammeln, dann dürften in der Woche vor Weihnachten keinerlei Noten erhoben werden. In einer in der Aula aufgestellten Box wurden die Siegel gesammelt. Die Schülerinnen und Schüler konnten diese Wette für sich entscheiden. Mehr als 2600 Siegel wurden gesammelt.
Es gehe nicht darum, absolut perfekt zu sein, erklärt Fabian Koch, Lehrer und Beauftragter für das Projekt Klimaschule am Gymnasium Buchloe, das schon seit längerem das Label „Klimaschule Bayern“ trägt. Gemeinsam mit zwei Schülerinnen stellte er Maßnahmen vor, die an der Buchloer Schule umgesetzt worden sind. Ziel sei in erster Linie, ein Bewusstsein zu schaffen. Sich auf den Weg zu machen und anzupacken, so der Pädagoge.
In diesem Sinne argumentiert auch DRW-Vorstandsvorsitzender Martin Riß, der vor allem die Gemeinschaftsleistung hervorhebt, die ein solches Projekt erfordere. Die zahlreichen inklusiven Projekte, die das Gymnasium zusammen mit den Schulen und Bewohnern des Ringeisenwerks bereits jetzt schon umsetzen, verwiesen auf diesen Gemeinsinn. Riß betonte auch, dass man beim Klimaschutz auch an die denken müsse, die aufgrund ihrer Behinderungen selbst nicht in der Lage seien, CO² einzusparen.
Neben dem Ziel, „Klimaschule“ zu werden, strebt das Ringeisen-Gymnasium auch die Auszeichnung „Schule mit Courage, Schule ohne Rassismus“ an. Bei beiden Themen gehe es vor allem darum, Aufmerksamkeit zu schaffen, „hinzuschauen und hinzuhören“, wie Lehrer und Mitinitiator Dominik Koch es formuliert. Das Prädikat Schule mit Courage, Schule ohne Rassismus“ sei jedoch keine Auszeichnung für das Erreichen eines bestimmten Zustandes. „Es gibt keine Schule, ohne Diskriminierung“, räumt Koch ein. Das Label sei vielmehr Auftrag, sich ständig selbst zu hinterfragen und an sich zu arbeiten, eine „Kultur des Hinsehens“ zu pflegen.
Er kenne niemanden, der den Klimawandel nicht ernst nehme und er kenne niemanden, der nicht gegen Rassismus wäre. Doch die vergangenen Jahre und die jüngsten Ereignisse und Entwicklungen zeigten aber, dass es nicht ausreiche, nur besorgt oder dagegen zu sein. Es sei wichtiger denn je, aktiv etwas gegen den Klimawandel und den wachsenden Fremdenhass und die Diskriminierung von Menschen zu unternehmen. Da wolle seine Schule ansetzen, so Merz.
DRW-Vorstandsvorsitzender Riß betonte, dies sei letztlich eine Haltungsfrage, die nicht an der Tür der Schule enden dürfe.
Bernd Duschner, Prokurist des Recyclingunternehmens Kühl, sieht in modernen Technologien einen Weg, den Klimawandel in den Griff zu bekommen. Rechtsextremes Gedankengut und die Leugnung des menschengemachten Klimawandels seien kontraproduktiv.
Landtagsabgeordneter Max Deisenhofer betonte in der abschließenden, von den Schülersprecherinnen und Schülersprechern moderierten Podiumsdiskussion, dass es nicht darum gehe, sowohl beim Klimaschutz als auch bei Diskriminierung die Schuld bei anderen zu suchen, sondern selbst Verantwortung zu übernehmen. Politik müsse dafür sorgen, den weiteren Rahmen und strukturelle Bedingungen für effektiven Klimaschutz zu schaffen und dabei den Wohlstand in unserer Gesellschaft zu erhalten.
In diese Richtung argumentierte auch der Eishockeyprofi Tim Bullnheimer. Ein schlechtes Gewissen schütze das Klima nicht. Es gehe auch nicht darum, eisernen Verzicht zu üben, sondern smarte Lösungen zu entwickeln. Dabei könne der Sport auch ein Vorbild sein, wo gegenseitiger Respekt und fairer Wettstreit zählten.
Landrat Hans Reichhardt unterstrich dabei, dass das Ziel, dass auch künftige Generationen hier noch gut leben können, nur miteinander und nicht gegeneinander erreicht werden kann. Man dürfe nicht das Trennende in den Mittelpunkt stellen, so Reichhardt. Der Weg, den die Schule mit den beiden Projekten beschreite, bedeute „überall harte Arbeit. Da braucht man alle dazu.“