Erasmus+: Die Palmeros in Ursberg

Der Gegenbesuch der spanischen Schülerinnen, Schüler und Lehrer hatte eine lange Vorlaufzeit, weil eine Schulwoche früh festgelegt werden musste, in der die 12. Jahrgangsstufe nicht nur keine Schulaufgaben schreiben würden, sondern auch versäumten Stoff aus Stunden des regulären Stundenplans nachholen könnten. Oberstufenkoordinator, Schulleiter und Erasmus-Koordinator einigten sich auf die letzte Januarwoche, die zwischen den Schulhalbjahren liegt. Auch die Absprachen mit den Spaniern beim Koordinierungstreffen in Ursberg ergaben diesen Termin und so reisten 16 SchülerInnen der Escuela de Arte Manolo Blahnik mit den beiden Lehrern Luis Diaz Rodriguez und Jorge Ruben Martin über Madrid nach München und wurden von dort mit einem Bus zur Verteilung auf die Gastfamilien nach Ursberg gebracht.

Den Sonntag verbrachten Gastschüler und Gastgeber zusammen, bevor am Montag deutscher Schulalltag schon um 7.25 Uhr mit der Corona-Testung begann. Beides war für die spanischen Gäste Neuland. Schulleiter Andreas Merz betonte in seiner Begrüßung den Mehrwert der Erfahrungen, die bei diesem Austausch zwischen Spaniern und Deutschen gemacht würden. Eine Führung durch die Workshopräume in der Schule, über die Empore, die Pfarrkirche und das Gelände des Dominikus-Ringeisen-Werks durch Margit Kapfer gab einen ersten Eindruck von der Geschichte des Klosters, dem Umgang von Menschen mit Behinderungen und den Wechselbeziehungen zwischen Werk, Kloster und Gymnasium. Verschiedene Sichtweisen des Themas „Heimat“ sollten nun in den weiteren Tagen die gemeinsamen Ausflüge und die Workshops der Fächer Kunst und Musik prägen. Dazu erarbeitete Christoph Lambertz von der Volksmusikberatungsstelle Krumbach traditionelle und moderne Tänze mit den deutschen Schülerinnen und Schülern des Additums Musik der beiden Musikkurse der 12. Jahrgangsstufe und den spanischen Gästen. So stellten sich die jungen Erwachsenen im Schachbrettmuster, in Reihen hintereinander oder gegenüber auf und machten ihre ersten Erfahrungen im Bavarian Line Dance und im Allgäuer Sechserschritt. Vermittelt wurden Choreographien zu unterschiedlichen Rhythmen, die aus der bayerisch-schwäbischen Tanzüberlieferung bekannt sind und auch einfache Schlagelemente des Schuhplattelns enthalten. Zusammen mit ihrem deutschen und spanischen Musiklehrer entwickelten die Schülerinnen und Schüler einen Song, der aus Salsa-Rhythmuselementen und dem Allgäuer Mundartlied „Hoppdrihopp drei Nuss im Sack“ besteht, und studierten ihn ein. Die Salsa ist auf La Palma ein beliebter Tanz, auf den die Palmeros seit der Pandemie im Fasching verzichten müssen. Die Gäste erläuterten diesen Umstand, wobei man ihnen ihre Trauer darüber anmerkte.

Jeder Teilnehmer des Kunstworkshops malte nach ersten Skizzen auf Papier mit viel Fantasie und Geschick auf je eine quadratische Leinwand mit Acrylfarbe sehr persönliche Impressionen zu diesem Thema. Das Spannende dabei war und ist die ganz unterschiedliche Annäherung an den individuellen Heimatbegriff – von gegenständlicher über abstrahierte bis hin zu abstrakter Malerei. Da sich alle mittlerweile gut kannten, wurde trotz der intensiven Auseinandersetzung mit der Leinwand immer wieder Raum für gemeinsame Unterhaltung gefunden. Die Stimmung im Kunstsaal und Ringeisensaal war trotz stetiger Einhaltung aller Hygienevorschriften so gut, dass sich immer wieder in den Pausen Erasmus-Musiker und -Künstler gegenseitig besuchten, was den so wichtigen kulturellen wie sozialen Austausch wunderbar widerspiegelte. Alle 16 geschaffenen Kunstwerke werden zusammen ein großes Quadrat bilden und in der Pausenhalle des Ringeisen-Gymnasiums als Symbol für die entstandene Partnerschaft aufgehängt, sodass allen ein großes farbenfreudiges Erinnerungsstück erhalten bleibt.

Leider erkrankten mehrere deutsche und spanische Austauschschüler, weswegen an eine Fortführung des Austauschs mit gemeinsamen Fahrten nach Neuschwanstein, Augsburg und Ulm oder an das gemeinsame Abschlusskonzert mit Vernissage nicht mehr zu denken war. Der größere Teil der Gäste flog mit einem Lehrer drei Tage früher, der kleinere Teil blieb mit einem Lehrer fünf Tage länger als geplant. Nicht nur die Schülerinnen und Schüler konnten sich durch den Austausch näher kennenlernen, auch die Lehrer machten so gute und freundschaftliche Erfahrungen, dass sie den entstandenen Kontakt in der Partnerschaft weiter ausbauen wollen.

Rosmarie Noack, Mathias Jannetti